Eine essayistische Kurzantwort eines Philosophen.
In Kürze
• Meistens schätzen wir die Stabilität und suchen sie.
• Wir haben echte & projektive Bedürfnisse. Wirtschaft & Politik spielen mit diesen.
• Neues zu wollen ist einfach, sich selbst zu ändern nicht.
Es gibt Dinge im Leben, bei denen sind wir froh, wenn sie gleich bleiben: eine stabile Beziehung, Freunde, mit denen wir immer wieder reden können, eine zufriedenstellende Arbeit. Es ist also gar nicht so, dass wir immer in jeder Hinsicht etwas anderes wollen.
Warum? – Nun, häufig wechselnde Beziehungen, Freunde, Arbeit wären anstrengend. Wenn soziale Zusammenhänge, in denen wir leben, uns seelisch und materiell stützen, dann sind wir an Veränderungen nicht interessiert.
Aber was, wenn dem nicht so ist?
Dann erscheinen unser Wohlleben fördernde Elemente zunehmend unsicher, unsere Lebenswelt wird immer weniger angenehm, sogar unbehaglich, andere und anderes kommen uns begehrenswerter vor.
An diesem Punkt beginnen wir, nach Neuem zu schauen
Wenn wir nicht mehr zufrieden sind, entwickeln wir Bedürfnisse nach etwas Anderem. Und diese Bedürfnisse – so möchte ich vereinfacht unterscheiden – können entweder echte Bedürfnisse sein (wie Nahrung, Behausung, Beziehung, Anerkennung) oder projektive Bedürfnisse.
Auf projektiven Bedürfnissen aufgebaut ist ein Grossteil unseres Wirtschaftssystems. Langlebige Güter haben es schwer, denn sie befriedigen auf lange Zeit. Woher kommt dann neue Nachfrage, die Unternehmer brauchen? – Durch stets auf Neue geweckte Bedürfnisse. Wie sagte bereits Nietzsche?
Wirtschaft & Politik fördern die Gier nach Anderem
Aber nicht nur das Wirtschaftssystem fördert in uns die Gier nach Anderem, nach Neuem, nach Mehr.
Auch Politik kann das, indem sie sich der realen und projizierten Ohnmacht der Massen bedient und suggeriert, das Volk habe doch das Bedürfnis nach grundsätzlicher Veränderung, nach einem starken Mann oder einer starken Frau, der/die all die Unsicherheit und das Unbehagen im Leben beseitigt.
Die ständige Suche nach Neuem?
Natürlich tendieren wir dazu, immer Neues zu wollen, vor allem dort, wo das, was wir haben, uns nicht mehr befriedigt oder es gar bedrohlich erscheint. Aber das Problem ist ja grundsätzlich: Beim Alten wissen wir zwar, wie wenig es uns stützt, aber wie wird es beim Neuen – das ja auch erst noch gefunden werden muss – sein?
In die Zukunft können wir nicht sehen, daher stützen wir uns bei unserer Wahl oft genug auf halbwegs Bekanntes. Wir wollen also nur in mancher, geringer Hinsicht etwas anderes – und landen manches Mal bei einem Neuen, das unseren Bedürfnissen gar nicht entspricht und am Ende noch mehr Unbehagen verursacht.
Neues zu wollen ist einfach, sich selbst zu ändern nicht
Neues zu wollen ist einfach, eigene Meinungen und Gewohnheiten zu überdenken und zu ändern dagegen anstrengend und erfordert erst mal einiges von einem, aber dann trägt es tatsächlich Früchte.
Hilfreich dazu ist, wozu uns Spinoza in seiner »Ethik« aufforderte, nämlich unsere Affekte zu verstehen. Erst wenn mir das gelingt, kann ich sie nämlich gestalten. Denn »immer wieder anderes zu wollen« ist meist nichts anderes als ein Herumirren der eigenen Affekte.
Das Ziel aller Affekte, der Kern dessen, was ich will, ist nämlich die Selbsterhaltung. In den Worten Slavoj Žižeks:
Möchtest du das Thema in einer philosophischen Beratung vertiefen, dann bist du hier richtig.
Willst du keine der neuen Fragen verpassen? Dann abonniere hier den Newsletter.
Stand: Februar 2025.